10d beteiligt sich an Stolperstein-Verlegung

Trotz Kälte und leichtem Regen haben sich am Mittwoch, 10. April, etwa 50 Menschen in der Oderstr. 52, direkt am Eingang des Tempelhofer Feldes, zusammengefunden, um die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus wachzuhalten. Die Klasse 10d unserer Schule beteiligte sich an der Verlegung zweier Stolpersteine. Sie erinnern an das Ehepaar Walter Ehlen und Hilde Pächter, das hier seinen letzten selbstgewählten Wohnort hatten. Walter Ehlen – ein gebürtiger Neuköllner – war seit den 1920er Jahren in kommunistischen Verbänden tätig und leitete aktiv Widerstand gegen das aufkommende NS-Regime, u.a. durch das Verteilen von Flugblättern. Mehrfach war er zu Geld- oder kurzen Haftstrafen verurteilt. Nach einer kurzzeitigen Ausreise in die CSR, kehrte er 1936 illegal nach Berlin zurück, um innerbetrieblichen Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu organisieren. Wenige Tage später wurde er verhaftet. Was folgte war eine fast 10-jährige Odyssee durch Haftanstalten und Konzentrationslager, die tragisch endete: Nur drei Tage vor Befreiung des Lagers Mauthausen wurde er von anderen Mithäftlingen in den Wirren der Lagerauflösung erschlagen. Sein Freund Karl Pfizenmaier schrieb wenige Tage später: „Er sah das Ende zum Greifen nahe und konnte die Schwelle nicht überschreiten“. Walter Ehlens Frau und sein Kind überlebten die NS-Zeit durch Flucht nach Großbritannien.

NS-Verfolgung – was hat das mit uns zu tun?

Die SchülerInnen der 10d hatten sich mehrheitlich für die Beteiligung an der Verlegung entschieden. Doch worin liegt für sie (und für uns als Gesellschaft) die Bedeutung der Stolpersteine? Knapp 80 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges besteht die Gefahr, dass die Erinnerung an den Nationalsozialismus verblasst – nicht zuletzt, da die letzten Zeitzeugen sterben und zudem rechtspopulistische Akteure das Gedenken an die NS-Zeit in Frage stellen. Stolpersteine sind eine besondere Form der Erinnerung, machen sie doch bewusst, dass die nationalsozialistische Verfolgung Teil der uns allen umgebenden Lebensrealität war – auch in unserem Kiez in Neukölln.

Unser besonderer Dank gilt Frau Gudrun Greth von der Stolperstein Initiative Stuttgart-Ost, die die Stolperstein Verlegung organisiert und die Geschichte von Walter Ehlen und seiner Frau rekonstruiert hat. Im Begleitheft schreibt sie: „Die Verlegung der beiden Stolpersteine ist ein Beitrag zum Lernen aus der Geschichte, damit das „Nie wieder!“ Wirklichkeit werden kann und diejenigen im Gedächtnis bleiben, die sich aktiv gegen Krieg und Faschismus eingesetzt haben.“

Für einen besonderen Moment bei der Stolperstein Verlegung sorgten zwei Schülerinnen, die durch Vortragen eines Gedichtes aus dem Jahr 1944 an die Hoffnung einiger auf ein Ende NS-Regimes hinwiesen. Die von Roman Karl Scholz formulierten Worte und Gedanken hätte Walter Ehlen – der mutige Neuköllner – sicherlich geteilt:

„Ihr seid die Herren des Heute!
Alles, was war, ist zertrümmert.
Unsere Freiheit genommen.
Und auf den Nacken der Völker
lastet das Joch eurer Willen.

Ihr seid das Heute!
Heute wird Gestern.
Wir sind das Morgen!
Morgen wird Heute.“

Martin Schneider