Auf den Brettern, die die Welt bedeuten
Es ist der 28. Januar, ein Donnerstag Abend, 18.45 Uhr im Backstagebereich der “Akademie der Künste” im Hansaviertel: Man hört leise Stimmen aus der Künstlergarderobe, hier und da wird das Bühnenoutfit nochmal zurechtgezupft, einige sitzen still in der Ecke und lesen, andere laufen nervös auf und ab. In wenigen Minuten öffnet sich der Vorhang, das Publikum strömt bereits in den Konzertsaal und tuschelt gespannt. Alle Augen werden auf die Nachwuchsmusiker der Klasse 6a der ESN und deren Mitstreiter von Schulen aus Moabit und Pankow gerichtet sein. Die Projektleiterin des Netzwerk “Junge Ohren” ruft laut: “Noch 5 Minuten, der Countdown läuft”. Die Anspannung steigt ins Unermessliche: Wird sich das monatelange Proben auszahlen?
Seit September widmeten sich die SchülerInnen der 6a im Musikunterricht von Frau Bendandi dem Projekt “Klangradar”, das sich zum Ziel setzte experimentelle Musik und aus unerfahrenen 11-jährigen junge Komponisten zu machen. Es wurde gepfiffen, auf Wellbleche geklopft, geschrien, über Trommeln gestrichen, und und und. Kurzum: Die Kinder konnten experimentieren, welche Töne aus herkömmlichen und neuartigen Musikinstrumenten herauszubekommen sind. Gleichzeitig komponierten sie ihr eigens Musikstück daraus. Unterstützt wurden sie dabei von echten Profis des “Netzwerk Junge Ohren” unter der Leitung von Burkhard Friedrich. Um die drei an dem Projekt beteiligten Schulen zusammenzuführen, trafen sich die Nachwuchskomponisten mehrere Male um gemeinsam zu proben. Und Ende Januar war es dann endlich soweit…
Der Vorhang geht auf und ca. 300 interessierte Zuschauer starren auf die Hauptprotagonisten des Abends: 6. Klässler mit roten, blauen und grünen T-Shirts an. Für die kommende Stunde ist kein Erwachsener mehr da, der irgendwie in das Geschehen eingreifen könnte. Die Nervosität der Generalprobe ist wie verflogen. Sarifa und Coralie dirgieren ihre MitschülerInnen, als hätten sie ihr ganzes Leben nichts anderes gemacht. Die drei Einzelgruppen der Klasse 6a liefern eine Performance vom Feinsten ab: Der Ablauf sitzt, die Töne sind klar und deutlich, die Stimmen laut und voller Tatendrang. Auch das Zusammenspiel mit den anderen Klassen funktioniert reibungslos. Das Publikum würdigt das Auftreten mit frenetischem Applaus. Manch einer wird wohl kein Fan der experimentellen Musik werden, alle sind sich aber einig, dass die Musiker auf der Bühne eine herausragende Show abgeliefert haben.
Auf dem Weg zurück in die Garderobe löst sich die Anspannung und verwandelt sich in Freude und Stolz: Strahlende Gesichter, T-Shirts werden helikopterartig über dem Kopf gekreist, Kinder liegen sich in den Armen und alle haben sich ganz viel zu erzählen. Die großen Bühnen der Welt, da sind sich einige sicher, werden sie früher oder später sowieso bespielen. Und die Aftershowparty? Die muss leider verschoben werden. Am nächsten Morgen ist Schule um 8 Uhr. Aber hey: Profis, wie es alle in der 6a jetzt sind, krämen sich nicht lange. Auf dem Weg aus den heiligen Hallen wird den Tontechniker noch zugewunken: “Gute Arbeit, Jungs”. Eine kleine Belohnung wartet natürlich dennoch für die Jungkomponisten: Die literarische Nacht mit Übernachten in der Schule wird außerplanmäig nachgeholt. Frau Weber und Herr Kästle freuen sich schon…